Im Jahre 1986 verabschiedete der Deutsche Bundestag eine Änderung des Tierschutzgesetzes. Der §1 des Tierschutzgesetzes, der bislang lautete:
„Dieses Gesetz dient dem Schutz des Lebens und Wohlbefindens des Tieres. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“
erhielt den folgenden Wortlaut:
„Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“
Dem Tierschutz wurde also eine ethische, in der christlichen Weltanschauung wurzelnde Begründung gegeben. Der offenkundige Widerspruch zwischen der Bestimmung, Leben und Wohlbefinden der Tiere sind zu schützen, und der Bestimmung, aus ‚vernünftigen‘ Gründen dürfen Tieren Schmerzen, Leid und Schäden zugefügt werden, wurde nicht beseitigt.
Maßgeblich für die Stellung des Tieres im Recht ist seine Behandlung im bürgerlichen Recht, das im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) niedergelegt ist.
Mit dem Ziel, die gewachsene ethische Bedeutung des Tierschutzes, wie sie in der Änderung des § 1 des Tierschutzes zum Ausdruck gebracht wurde, auch in das bürgerliche Recht einfließen zu las-sen, verabschiedete der Deutsche Bundestag im Jahr 1990 ein „Gesetz zur Verbesserung der Rechtsstellung des Tieres im bürgerlichen Recht“.
Bis zur Verabschiedung dieses Gesetzes wurde im BGB zwischen leblosen Sachen und Tieren nicht unterschieden. Für beide galt gleichermaßen § 90 BGB, der festlegt, was im juristischen Sinne als Sache gilt. Als Sache können Tiere Eigentum von Menschen sein, die als Eigentümer nach § 903 BGB „mit der Sache nach Belieben verfahren können und andere von jeder Einwirkung ausschließen“.
Mit dem „Gesetz zur Verbesserung der Rechtsstellung des Tieres im bürgerlichen Recht“ wurde die Unterscheidung zwischen Sache und Tier in das BGB aufgenommen und die Tiere in einem neu in das BGB eingefügten „§ 90a – Tiere“ bedacht:
„Tiere sind keine Sachen. Sie werden durch besondere Gesetze geschützt. Auf sie sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.“
Entsprechend wurde auch in den – ansonsten unverändert gebliebenen – § 903 BGB ein Hinweis auf Tiere aufgenommen:
„Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.“
Es ist offensichtlich, dass das Gesetz „zur Verbesserung der Rechtsstellung des Tieres im bürgerlichen Recht“ dem ethischen Gehalt der Aufforderung des § 1 des Tierschutzgesetzes, das „Tier als Mitgeschöpf“ zu betrachten, in keiner Weise gerecht geworden ist.
Um dem „Tier als Mitgeschöpf“ gerecht zu werden, muss ihm im bürgerlichen Recht ein eigener, in ‚Tierrechten‘ gefasster Rechtsstatus gegeben werden, der unvermeidbar auch mit einer Einschränkung – wenn nicht gar mit der Abschaffung – des Eigentums an Tieren verbunden ist.
Das war jedoch nicht das Ziel des Gesetzes „zur Verbesserung der Rechtsstellung des Tieres im bürgerlichen Recht“.
Im Gegenteil, das Ziel war es vielmehr die Behandlung der Tiere als (rechtlose) Sachen und Eigentum zum Nutzen der Menschen aufrecht zu erhalten. Menschen sollen den Tieren weiterhin aus ‚vernünftigen‘ Gründen Schmerzen, Leid und Schäden zufügen dürfen, aber jetzt mit Hinweisen auf zu beachtende Einschränkungen zum Schutz der Tiere, wie sie im Tierschutzgesetz festgelegt sind. Und vernünftig ist alles, was den Menschen – zu welchen Zwecken auch immer – einen Nutzen bringt.
Die Erfahrung zeigt, dass die derzeitige Stellung der Tiere im Rechtssystem ihr Leben und Wohlbefinden in keiner Weise schützt.
In dieser Hinsicht wirkungslos geblieben ist auch die im Jahr 2002 erfolgte Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel in den Art. 20a des Grundgesetzes:
„Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfas-sungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“
Der Schutz der Tiere kann nur erreicht und gewährleistet werden, wenn sich die Stellung des Tieres im bürgerlichen Recht grundlegend ändert und Tiere selbst ‚Inhaber‘ von Rechten werden.