Die Gefangenschaft, sei es in der Wohnumgebung der Menschen oder in Zoos und Vogelparks, hat für Papageien zur Folge, dass sie in einer unnatürlichen Umgebung leben müssen. Sie  müssen  auf ein Leben inmitten einer natürlichen Vegetation verzichten, obgleich insbesondere Bäume und Sträucher für Papageien sehr wichtig sind.

In ihren natürlichen Lebensräumen liefern Bäume und Sträucher den Papageien die Nahrung, im Blattwerk gut geschützte Ruhe- und Schlafplätze sowie Nisthöhlen.  Unter Einsatz ihrer Krallen und ihres Schnabels müssen die Papageien in den Bäumen umher klettern, wodurch sie auf eine natürliche Art und Weise zugleich ihre Krallen und ihren Schnabel pflegen. Bäume und Sträucher befriedigen zudem ein bei Papageien stark ausgeprägtes Bedürfnis: von Bäumen und Ästen die Blätter abzubeißen, die Rinde abzuschälen und das Holz zu zerkleinern. Auch durch diese Aktivität wird der Schnabel auf eine natürliche Art gepflegt. Zudem nehmen die Papageien wichtige in Blättern, Baumrinde und Holz enthaltene Substanzen auf.

Um den Papageien, die in Gefangenschaft gehalten werden, ein wenig der Natur zurückzugeben, ist es unbedingt notwendig , ihre Lebensumgebung in der Gefangenschaft mit Bäumen, Sträuchern und Ästen zu gestalten. In Außenvolieren sollten Bäume und Sträucher gepflanzt und Äste zur Ausgestaltung genutzt werden; in Papageienräumen sollten ebenfalls Äste genutzt werden.

Die in Außenvolieren gepflanzten Bäume und Sträucher dienen den Bedürfnissen der Papageien, die in den Volieren leben. Die Bäume und Sträucher können diese Funktion nicht erfüllen, wenn sie umdrahtet werden, um sie vor der Zerstörung durch die Papageien zu schützen. Wenn Bäume und Sträucher so stark zerstört sind, dass sie sich nicht regenerieren und absterben, müssen sie ausgetauscht werden.

Äste, die zur Ausgestaltung von Außenvolieren und Papageienräumen genutzt werden, müssen stets frisch sein; sie sollten also erst unmittelbar vor der Verwendung geschnitten oder abgeholzt worden sein. Außerdem sollten immer Äste mit Blättern, wenn jahreszeitlich möglich, mit Knospen, Blüten oder Früchten verwendet werden. Vertrocknete, verschmutzte Äste, z. B. durch Kot oder Nahrungsreste, müssen umgehend – also bevor ein Befall mit Schimmelpilzen sichtbar ist – entfernt und durch frische Äste ersetzt werden. Durch verschmutzte Äste sind die Papageien immer der Gefahr einer Infektion ausgesetzt.

Was bei Bäumen, Sträuchern und Ästen für Papageien zu beachten ist

Da die Bäume und Sträucher aus den natürlichen Lebensräumen der Papageien nicht zur Verfügung stehen, muss auf das Geäst von heimischen Bäume und Sträucher zurückgegriffen werden. Exotische Bäume und Sträucher, die häufig in Gärten oder Parks zu finden sind, sollten nicht genutzt werden. Bei der Auswahl der Bäume und Sträucher sind zwei Punkte unbedingt zu beachten: (1.) Der Standort der Bäume und Sträucher, deren Äste verwendet werden sollen, und (2.) die Schädlichkeit von Inhaltsstoffen des Holzes, der Blätter, Knospen, Blüten und Früchte.

1. Standort der Bäume und Sträucher

Äste sollten nur von solchen Bäumen und Sträuchern genommen werden, die nicht durch Verschmutzungen oder durch von Menschen ausgebrachte Giften belastet sind. Es sollten also keine Äste von Bäumen genommen werden, die am Straßenrand oder am Rand eines Feldes stehen, auf dem zur Bewirtschaftung Pflanzengifte eingesetzt werden. Insbesondere sollten keine auch Äste von Obstbäumen genommen werden, die in Gärten oder Obstplantagen stehen, wo Pflanzengifte und Gifte zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden. Wenn kein eigener Garten mit verwendbaren Bäumen und Sträuchern zur Verfügung steht, sollten Äste von Laubbäumen und Sträuchern genommen werden, die in naturbelassenen Wäldern stehen, oder von Obstbäumen, die sicher nicht mit Giften behandelt werden. In jedem Fall ist ist es unerlässlich, sich über die möglichen schädlichen Belastung der Bäume und Sträucher zu informieren, bevor deren Geäst zur Ausgestaltung von Außenvolieren oder Papageienräume genutzt wird.

2. Schädlichkeit von Inhaltsstoffen

Es ist sehr wichtig, Geäst nur von Bäumen und Sträuchern zu verwenden, deren Holz, Rinde, Blätter, Knospen, Blüten und Früchte keine Inhaltsstoffe aufweisen, die für Papageien schädlich sind oder unter bestimmten Voraussetzungen schädlich sein können.

Die Schädlichkeit eines Inhaltsstoffes ist nicht erst dann gegeben, wenn der Inhaltsstoff – sollte ein Papagei ihn zu sich nehmen – den Tod des Papageien unmittelbar herbeiführt. Schädlich sind auch die Inhaltsstoffe, die die Funktion der Organe eines Papageis zeitweise oder dauerhaft beeinträchtigen und zu irreversiblen Organschäden führen können. Hierbei ist zu beachten, dass es nach den Erkenntnissen der Veterinärpharmakologie und -toxikologie eine Reihe von Inhaltsstoffen im Holz, in der Rinde, in Blätter , Knospen, Blüten und Früchte von Bäumen und Sträuchern gibt, die einen Doppelcharakter haben: Bleibt die aufgenommene Menge des Inhaltsstoffes unterhalb eines bestimmten Grenzwertes, wirkt er heilend bzw. gesundheitsfördernd; wird der Grenzwert jedoch überschritten, bewirkt der Inhaltsstoff gesundheitliche Schädigungen.

Die Schädigung bzw. das konkrete Ausmaß der Schädigung, die ein Inhaltsstoff bewirkt bzw. bewirken kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab:

  • von der Schädlichkeit (Giftigkeit) des Inhaltsstoffes, die durch seine chemische Zusammensetzung gegeben ist,
  • von der Menge und Häufigkeit der Aufnahme eines schädlichen Inhaltsstoffes. Menge und Häufigkeit der Aufnahme entscheiden darüber, in welchem Ausmaß schädliche Inhaltsstoffe durch eine Überlastung der Organe im Körpergewebe möglicherweise angereichert werden und organische Schädigungen (mit möglicher Todesfolge) herbeiführen oder aber vom Körper abgebaut und ausgeschieden werden können.
  • vom Gesundheitszustand des Papageis, der schädliche Inhaltsstoffe zu sich nimmt. Wichtig sind in diesem Zusammenhang insbesondere der gesundheitliche Zustand des Magen-u. Darmtraktes, der der Nieren und der Leber.

Informationen über die Schädlichkeit von Inhaltsstoffen

Angaben in der veterinärtoxikologischen Fachliteratur und in veterinärtoxikologischen Datenbanken zur Schädlichkeit von Inhaltsstoffen im Holz, in der Rinde, in Blättern, Knospen, Blüten und Früchten von Bäumen und Sträuchern beziehen sich in der Regel auf sogenannte ‚Nutztiere‘, wie Kühe, Pferde, Schweine, Schafe, Ziegen, Kaninchen, oder auf Haustiere, wie Hunde und Katzen oder aber auf ‚Versuchstiere‘, wie Ratten und Mäuse. Angaben, die sich speziell auf Papageien beziehen, sind zumeist nicht zu finden.

Um dennoch Papageien vor Inhaltsstoffen im Holz, in der Rinde, in Blättern, Knospen, Blüten und Früchten von Bäumen und Sträuchern zu schützen, die für sie möglicherweise schädlich sein könnten, gibt es keine andere Möglichkeit als von der Annahme auszugehen, dass Inhaltsstoffe, die aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung für die oben genannten Tierarten schädlich sind bzw. unter bestimmten Voraussetzungen schädlich sind (Menge und Häufigkeit der Aufnahme der Inhaltsstoffe, Gesundheitszustand des Tieres), auch für Papageien schädlich sind bzw. schädlich sein können.

Auf dieser Grundlage erfolgte die Auswahl der einheimischen Bäume und Sträucher, die im Fluggehege für geschädigte Papageien angepflanzt worden sind bzw. wegen schädlicher Inhaltsstoffe nicht angepflanzt worden sind.