End the cage age – doch nicht für alle Tiere

Seit dem 11.09.2018 sammeln im Rahmen einer Europäischen Bürgerinitiative 140 NGOs aus 25 EU-Staaten aus den Bereichen Tierschutz, Landwirtschaft, Politik und Umweltschutz Unterschriften für eine Petition mit dem Titel ‚End the Cage Age‘ (Schluss mit der Käfighaltung). Werden innerhalb eines Jahres, also bis zum 11.09.2019, 1 Mio. Unterschriften für die Petition der Bürgerinitiative gesammelt, entscheidet die EU-Kommission, welche Maßnahmen zu ergreifen sind.

In der Petition der Bürgerinitiative heißt es:

Hunderte Millionen von Nutztieren in der EU werden für den größten Teil ihres Lebens in Käfigen gehalten. Das verursacht großes Leid. Wir fordern die Europäische Kommission auf, diese unmenschliche Behandlung von Nutztieren zu beenden.

Wichtigste Ziele: Käfighaltung fügt jedes Jahr einer enormen Zahl von Nutztieren großes Leid zu. Käfighaltung ist grausam und unnötig, da eine tiergerechtere Haltung ohne Käfige rentabel möglich ist. Die Kommission wird daher ersucht, Rechtsvorschriften vorzuschlagen, wonach Folgendes verboten wird: • Käfige für Legehennen, Kaninchen, Junghennen, Masthähnchen, Legetiere, Wachteln, Enten und Gänse; • Abferkelbuchten für Sauen • Kastenhaltung von Sauen, soweit nicht bereits verboten • Einzelboxen für Kälber, soweit nicht bereits verboten.

(https://ec.europa.eu/citizens-initiative/public/initiatives/open/details/2018/000004)

Wer angesichts des Titels der Petition ‚End the Cage Age‘ erwartet, die Bürgerinitiative fordere für die EU-Staaten ein generelles Verbot der Tierhaltung in Käfigen, sieht sich getäuscht. Es geht der Bürgerinitiative um eine Reform der land- und viehwirtschaftlichen Nutztierhaltung. Und nur als Maßnahme dieser Reform wird ein Verbot der Käfighaltung für Nutztiere gefordert.

Die Bürgerinitiative hält es folglich nicht für nötig, in ihrer Petition auch ein Verbot der Käfighaltung in der Heimtierhaltung zu fordern, obwohl die vielen Millionen Heimtiere, die in Europa ihr Leben in Käfigen, Volieren oder vergleichbaren engen Behältnissen – wie Aquarien oder Terrarien – verbringen müssen, ebenso leiden wie die Nutztiere. Und sie leiden zumeist sehr viel länger, denn anders als die Nutztiere, denen in der Regel die ‚Gnade des frühen Todes‘ zu Teil wird, weil sie nach einem kurzen Leben für den menschlichen Verzehr getötet werden, müssen Heimtiere so lange in der Gefangenschaft der Käfighaltung leben, bis sie irgendwann alters- oder krankheitsbedingt leidvoll sterben.

Um der zu erwartenden Kritik an der Petition entgegenzutreten, ein Verbot der Käfighaltung für Nutztiere könnte die wirtschaftliche Rentabilität der land- und viehwirtschaftlichen Nutztierhaltung und damit ihren Bestand gefährden, wird in der Petition die Behauptung aufgestellt, die Käfighaltung für Nutztiere sei ‚unnötig, da eine tiergerechtere Haltung ohne Käfige rentabel möglich ist.‘  Dass diese Behauptung die Kritiker der Petition überzeugen wird, ist zu bezweifeln. Denn wenn die Käfighaltung in der land- und viehwirtschaftlichen Nutztierhaltung für deren Rentabilität, d. h. für die Erzielung und Maximierung von Gewinnen, unnötig wäre, gäbe es sie sicherlich gar nicht.

Immerhin aber wird durch diese Behauptung deutlich, dass die Bürgerinitiative die land- und viehwirtschaftliche Nutzung von Tieren zum Zweck der Gewinnerzielung und -maximierung nicht in Frage stellt, sie will diese Nutzung nur tiergerechter gestalten.

Aber eine tiergerechte Nutztierhaltung gibt es nicht. Tiergerecht ist, was den Tieren nutzt, ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Tierhaltung – in welcher Form auch immer – bedeutet für die betroffenen Tiere aber Gefangenschaft, also die weitgehende Einschränkung ihrer Bedürfnisbefriedigung. Nicht die Bedürfnisse der Tiere zählen, sondern die Bedürfnisse der Menschen, die durch die Tiere befriedigt werden, die in Gefangenschaft gehalten werden. Und in Bezug auf die Tiere in der land- und viehwirtschaftlichen Nutztierhaltung ist es das Bedürfnis der Menschen, sie als Nahrung zu nutzen und ihnen zu diesem Zweck in den hochindustrialisierten Tötungsmaschinerien der Schlachthöfe das Leben zu nehmen. Von tiergerechter Nutztierhaltung zu reden, heißt die Absurdität zu behaupten, es sei ein Bedürfnis der Nutztiere, sich töten zu lassen.

Es ist die Aufgabe des Tierschutzes, das Leben der Tiere kompromisslos vor leidbringenden und tötenden Zugriffen der Menschen zu schützen.

Insofern muss der Tierschutz nicht nur ein Verbot der Käfighaltung in der land- und viehwirtschaftlichen Nutztierhaltung fordern, sondern für die generelle Abschaffung der land- und viehwirtschaftlichen Nutztierhaltung eintreten. Der Tierschutz verliert seine Glaubwürdigkeit, wenn er sich von der land- und viehwirtschaftlichen Nutztierhaltung – in welcher Form sie auch immer betrieben wird – vereinnahmen lässt, indem er sich des absurden Geredes von der Möglichkeit einer tiergerechten – oder auch artgerechten – Nutztierhaltung bedient.

Diesen Anforderungen des Tierschutzes wird die Europäische Bürgerinitiative ‚End the Cage Age‘ unverkennbar nicht gerecht.

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